Igel füttern oder nicht
Refeeding Syndrom
was ist das und was macht es so gefährlich?
Wer einen Igel findet freut sich, wenn der kleine Stachler gleich einen Berg Rührei oder Katzenfutter verspeist. Wenige wissen jedoch, dass das ganz schnell zu einem Reefeding Syndrom und dadurch zum Tod führen kann.
Das Refeeding-Syndrom (RFS) ist ein lebensgefährlicher Zustand, der bei Wiederaufnahme der Ernährung nach einer langen Hungerperiode auftritt. Der Organismus muss sich hier (ähnlich wie nach dem Fasten bei Menschen) erst wieder an die Nahrung gewöhnen. Passiert das nicht, kommt es zu Stoffwechselstörungen, die Ödeme und Herzinsuffizienz zu Folge haben und letztlich häufig zum Tod führen.
Um ein Refeeding-Syndrom zu verhindern, sollte deshalb die Nahrungsaufnahme nach einer längeren Periode der Unterernährung langsam und schrittweise erfolgen.
Daher bitten wir euch um folgende Vorgehensweise, wenn ihr einen Igel findet:
➡️ Igel in einem hohen Karton oder einer Plastikbox mit mindestens 50 cm Höhe sichern.
➡️ Karton/Box mit Zeitungspapier auslegen, ein Handtuch und eine handwarme Wärmflasche oder PET-Flasche dazulegen.
➡️ In der warmen Jahreszeit den Igel nach Fliegeneiern und Maden absuchen.
➡️ Vorerst kein Futter oder Wasser anbieten. Bitte auch nicht versuchen, ihm irgendetwas einzuflösen. Ist der Igel sehr schwach, hat er keinen Schluckreflex und Flüssigkeit kann so in die Lunge geraten.
➡️ Nehmt Kontakt zu einer Igelstation oder einem igelkundigen Tierarzt auf, dort wird das weitere Vorgehen besprochen.
Wann sollte man Igel füttern?
Nicht jeder Igel, den man im Garten herumstreunen sieht, ist automatisch hilfebedürftig. Leider meinen es viele Menschen zu gut mit den Wildtieren und stellen ihnen Futter oder sogar Milchschalen raus, obwohl das Zufüttern den Igeln sogar mehr schaden als helfen kann. Da Igel sehr bequem und verfressen sind, schlagen sie solche Futterangebote so gut wie nie aus, was viele glauben lässt, dass sie auf das Futter angewiesen sind. Jedoch können folgende Probleme beim Zufüttern von Igeln auftreten:
Der Zyklus des Igels kann durch das Füttern gestört werden, sodass er nicht in den Winterschlaf geht. In der Natur begibt sich der Igel nämlich nur dann in den Winterschlaf, wenn die Nahrung knapp wird und er kaum noch was zu Fressen findet.
Wird ein Igel falsch ernährt, kann das schwere Folgen für seine Gesundheit haben. Sogar Fehlbildungen können durch Mangelernährung entstehen.
Jungtiere müssen die Futtersuche erlernen, damit sie langfristig eine Überlebenschance haben. Wird ihnen jeden Tag Futter vor die Nase gestellt, kann es passieren, dass sie die Insektensuche nicht richtig erlernen.
Futterstellen können Krankheiten übertragen, wenn sie von verschiedenen Igeln benutzt und nicht richtig gereinigt werden.
Igel sind laktoseintolerant und können von einem Schälchen Milch starken Durchfall bekommen, der im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.
Aus diesen Gründen sollte man Igel nie „grundsätzlich“ füttern. Besonders in einem milden Herbst gibt es für die Wildtiere ein reiches Futterangebot, sodass sie sich problemlos die für den Winterschlaf nötigen Fettreserven anfressen können. Nur in bestimmten Ausnahmesituationen benötigen Igel unsere Hilfe und sollten gefüttert werden.
Quelle: www.igelzentrum.ch
In diesen Fällen brauchen Igel unsere Hilfe
Igel beginnen gegen Anfang November, je nach Witterung aber auch schon Anfang Oktober, mit dem Winterschlaf. Zu dieser Zeit sollte man darauf achten, wie groß die Igel sind, denen man begegnet. In der Regel sollten Alttiere 1.000 Gramm und Jungtiere 500 – 700 wiegen. Da man dies nicht ohne Weiteres erkennen kann, achten Sie auf folgende Anzeichen:
Einbuchtung hinter dem Kopf
Birnenförmige Statur
Eingefallene Augen
Sucht tagsüber nach Futter
Sollten diese Punkte zutreffen, braucht der Igel Zufütterung. Im Herbst sollten sie das Tier im Garten füttern, im Winter in menschlicher Obhut.
Wichtig: Bitte kontaktieren Sie diesbezüglich die Igelhilfe!
Finden Sie einen Jungigel mit einem Gewicht von unter 500 Gramm, braucht das untergewichtige und vielleicht kranke Tier Ihre Hilfe. Auch wenn ein Igel im Spätwinter zu früh aus dem Winterschlaf erwacht und aufgrund des zugefrorenen Bodens keine Nahrung findet, sollten Sie dem Tier durch Zufüttern helfen.
Weitere Ausnahmesituationen, in denen Sie eingreifen sollten:
Verletzter Igel mit Wunden oder offensichtlichen Krankheiten (torkelt, rollt sich nicht ein, extremer Fliegen- oder Madenbefall, hustet oder röchelt, Apathie)
In all diesen Fällen genügt es nicht, Futter für die Igel rauszustellen. So sollte beispielsweise ein unterkühlter Igel aufgewärmt werden; Außenparasiten wie Fliegeneier oder Maden müssen unverzüglich entfernt werden. Wichtig ist vor allem, den Fund bei der örtlichen Igelstation oder Igelberatungsstelle zu melden; je nach Fall kann das Tier auch dort aufgenommen und fachmännisch versorgt werden. Diese Einrichtungen geben Ihnen auch gerne weitere Tipps, sollten Sie sich entscheiden, den Igel selbst aufzupäppeln.
Verwaiste Igelbabys (tagsüber außerhalb des Nestes, geschlossene Augen)
Wache Igel, die Sie tagsüber bei Temperaturen dauerhaft unter 5 Grad finden (ca. Ende Oktober-März)
Igel an einem gefährlichen Ort (z. B. Straße)
Auch in extremen Dürrejahren kann eine Igelfütterung notwendig sein. Informieren Sie sich hierfür am besten bei einer professionellen Igel-Auffangstation
Was fressen Igel?
Igel sind Insektenfresser und ernähren sich von Käfern, Larven, Schnecken, Regenwürmern, Tausendfüßlern, Spinnen und vielen weiteren Kleintieren. Obst und Gemüse wie Äpfel oder Nüsse können sie nicht fressen, da ihr Magen-Darm-Trakt diese nicht verdauen kann.
Wer einen Igel füttern will, darf dies jedoch auf keinen Fall mit Schnecken oder Regenwürmern tun, da diese Tiere häufig Innenparasiten übertragen, welche den Igel noch kränker machen können. Informieren Sie sich umfassend beim Igel-Profi über die richtige Ernährung Ihres Igelpfleglings.
Was kann man Igeln im Herbst Gutes tun?
Auch wenn Igel nur in Ausnahmefällen gefüttert werden sollen, kann man ihnen mit anderen Mitteln über den Winter helfen. So können Sie ihm einen Unterschlupf bieten, indem Sie einen großen Laubhaufen im Garten liegen lassen oder ein Igelhaus/Unterschlupf an einer geschützten Stelle aufstellen. Sorgen Sie auch dafür, dass Ihr Garten für die Tiere gut zugänglich und naturbelassen ist – Motorsensen und Mähroboter können den Tieren gefährlich werden. Wenn es sich um einen trockenen Herbst handelt, können Sie dem Igel eine Schale mit Wasser hinstellen, um die Flüssigkeitszufuhr zu gewährleisten.